Die Kunst der Gesprächsführung im Kundenkontakt
von Volker Grundmann BaTB
Traditionell ist der Fachmann dem Kunden überlegen. Heute ist das nicht mehr so, zumindest was die Gesprächsführung betrifft.
Viele Kunden stecken den Fachhändler und seine Verkäufer rhetorisch in den Sack. Wie konnte es so weit kommen?
Anti-Handels-Propaganda
Das Privatfernsehen hat es auf den Einzelhandel abgesehen. Kaum ein TV-Abend vergeht, an dem die Privatsender den Kunden vor den
Geräten nicht haarklein beibringen, wie sie um Preise feilschen oder wie die Verrückten reklamieren. Rein rhetorisch zieht der Fachhandel inzwischen oft den Kürzeren. Ändern wir das.
Nutzen statt Eigenschaften
Der Großteil des Verkaufspersonals lädt den modernen Kunden geradezu zum Marodieren ein: Immer noch erklären viele Verkäufer
Geräteeigenschaften. Das wollen Kunden heutzutage kaum noch hören! Sie interessiert nur eines: Was bringt mir das? Was habe ich davon? Es ist klar, dass eine verdoppelte Bildauflösung doppelt so
gut ist wie eine einfache – aber was bringt mir das als Kunde? Ein schärferes Bild? Mehr Kontrast? Bessere Bewegungen? Das sagen acht von zehn Verkäufern nicht. Weil sie es nicht wissen oder
nicht darauf geschult sind. Dabei wäre gerade dieses rhetorische Manko in kürzester Zeit und oft sogar In-house zu beheben.
Einwandsbehandlung
Die meisten Kunden haben Einwände. Verkäufer beklagen sich auch darüber, dass es immer dieselben sind! Und? Haben diese lustigen
Verkäufer adäquate Einwandsbehandlungsstrategien dafür entwickelt? In neun von zehn Fällen: Fehlanzeige. Das ist schon nicht mehr peinlich, das ist geschäftsschädigend. Warum bringen das so
wenige Vorgesetzte ihren Verkäufern bei? Wahrscheinlich, weil sie ihnen nie beim Kundengespräch zuhören. Ein vermeidbarer Führungsfehler. Oder weil sie es selbst nicht besser wissen. Das ist dann
allerdings arg: Wie will ein Händler heutzutage ohne geschliffene Gesprächsführungskompetenz bei dieser Konkurrenzsituation überleben?
Preisverhandlung
Viele Fachhändler beklagen sich darüber, wie preissensibel die Kunden geworden sind. Doch wenn ich diesen Händlern zuhöre, dann
kann ich hinter ihren Preisgesprächen in den meisten Fällen keine klare und wirksame Strategie erkennen. Es sind immer dieselben halbgaren Ausreden, die kein Kunde heutzutage mehr schluckt:
„Einen Nachlass auf diese Ware können wir nicht geben!“ Das zieht nicht! Wie wäre es mal mit: „Warum möchten Sie es um … Euro billiger?“ Eine simple Frage, die Preisschinder meist völlig aus der
Bahn wirft. Jetzt ist der Kunde unter Begründungszwang. Jetzt ist das Gespräch eröffnet, das der Händler dann gezielt vom Preis weg und hin zum Nutzen und zu den Vorteilen seines Angebots führen
kann.
Die Technikfalle
Worum geht es in der modernen Unterhaltungselektronik? Um Technik. Leider. Deshalb glauben viele Händler und Verkäufer, dass
Technik den Verkaufserfolg bringt. Grandioser Irrtum! Kunden reagieren heutzutage oft sogar ausgesprochen allergisch auf das Fachchinesisch der Verkäufer. Nur ganz wenige Kunden sind
Technik-Freaks. Wie viel Prozent Ihres Kundenportfolios sind es bei Ihnen? Was sind die überwiegenden anderen Kunden? Menschen. Das heißt: Der Verkäufer darf ihnen in erster Linie nicht
technisch, er muss ihnen menschlich kommen. Neulich verglichen wir bei einem großen Unterhaltungselektronikhändler die Verkäufer untereinander. Die besten Verkäufer waren alle technisch und
fachlich fast gleich kompetent. Trotzdem hängten die besten zwei die anderen um Längen ab. Warum?
Warum Menschen besser verkaufen als TechnikerDie „Techniker“ unter den Spitzenverkäufern fingen fast jedes Gespräch mit dem Satz
an: „Sie brauchen einen neuen … ? Da hätte ich den XY von … für Sie. Ein klasse Gerät! Phantastisches Preis/Leistungsverhältnis!“ Klingt gut? Sicher. Verkauft bloß nicht gut! Die „Menschlichen“
unter den Verkäufern begannen dagegen zum Beispiel beim TV-Verkauf: „Was sehen Sie denn so am liebsten? Was? Sehe ich fast jede Folge! Haben Sie die letzte gesehen?“ Und schon war man „voll am
Stammtisch“, wie ein Verkäufer das nannte. Es „menschelte“, der Kontakt wurde hergestellt, eine Vertrauensbasis entstand zwischen Verkäufer und Kunde. Die Kunden dieser Verkäufer geben im Schnitt
15 Prozent mehr pro Kauf aus und feilschen nur ein Drittel so oft um den Preis wie die Kunden der Durchschnittsverkäufer. So mächtig und im wahrsten Sinne des Wortes gewinnbringend ist eine gute
Gesprächsführungskompetenz!