Für mich ist die hohe Qualität des deutschen Handwerks immer noch unser überragender Wettbewerbsvorteil – auch wenn die EU nach
Kräften versucht, diesen Qualitätsvorteil zum Schaden der Kunden zu verwässern. Was nützt den Kunden schon die angebliche „Marktöffnung“, wenn ein Billiganbieter aus dem Osten Pfusch abliefert,
teures Geld kassiert – und dann auf Nimmerwiedersehen untertaucht? Wie die Praxis leider zeigt, sind Regressforderungen gegen Billigheimer meist aussichtslos. Nirgends wird so viel Geld verloren
wie bei dem Versuch, welches zu sparen ...
Ich kann es gut verstehen, wenn viele Meisterkolleginnen und -kollegen am liebsten das Rad der Geschichte zurückdrehen und den
ganzen EU-Unfug wieder abschaffen würden. Jeden Tag treffe ich einen, der sich darüber beklagt. Natürlich ist die Versuchung groß, da mitzujammern. Doch was hilft uns das schon? Es wird Jahre
dauern, den EU-Moloch zur Vernunft zu bringen. In der Zwischenzeit sollten wir das Jammern sein lassen und uns lieber überlegen, wie wir aus einer schlimmen Situation das Beste herausholen. Und
da gibt es einiges:
Das Handwerkliche haben wir alle gut im Griff. Was die meisten nicht so gut im Griff haben, ist das Kaufmännische. Ich kenne zum
Beispiel jede Menge Handwerker, bei denen man als Kunde vier Wochen und länger auf eine Rechnung wartet – oder gar keine kriegt, weil der Handwerker die Rechnungsstellung wegen seines
Zettelberges auf dem Schreibtisch vergessen oder verlegt hat. Viele Handwerker vergessen bei der Rechnungsstellung auch erbrachte Teilleistungen. So ruiniert das Kaufmännische das Handwerkliche.
Und das ist keine Frage der Zeit. Das Kaufmännische in den Griff zu kriegen ist lediglich eine Frage der Organisation.
Auch die Akquise weist in der Praxis große Mängel auf. Jedem Handwerksmeister ist klar, dass ein Billiganbieter nicht die Qualität
liefern kann wie ein seriöser Handwerksmeister. Weil uns das klar ist, glauben wir, dass das auch den Kunden klar sein muss. Weil es doch so offensichtlich ist! Dabei haben die meisten Kunden
schlicht keinen blassen Dunst, wie groß die Qualitätsmängel der Billiganbieter sind. Das ist unsere große Chance. Wir müssen ihnen erklären, was sie als fachliche Laien von sich aus nicht
erkennen können. Ich habe die Erfahrung gemacht: Wenn ich Kunden anschaulich erkläre, was ein Billiganbieter bei einem konkreten Auftrag konkret alles vergisst und weglässt, dann zahlen sieben
von zehn Kunden gerne meinen höheren Preis – und sind mir noch dankbar für die Aufklärung! Doch genau das müssen Handwerker lernen: Wie sie etwas erklären, kommunizieren und verkaufen, was sie
eigentlich für selbstverständlich halten: deutsche Qualitätsarbeit. Qualität ist unser großer Vorteil. Doch wir müssen ihn bei der Auftragsakquise aktiv einsetzen, um ihn nutzen zu können.
Selber aktiv Aufträge zu akquirieren, Kunden zu überzeugen und ihre Preiseinwände zu überwinden – wer das als Handwerker
beherrscht, kommt auch künftig in den Genuss des goldenen Bodens des Handwerks. Der Haken ist bloß: Keiner von uns hat das wirklich gelernt. Deshalb habe ich mich zu diesen Themen
weiterqualifiziert und eine Trainer- und Beraterausbildung abgelegt. Der Erfolg hat sich binnen weniger Wochen bei mir eingestellt:
Ich stelle jetzt meine Baustellen-Teams anders zusammen als früher. So, dass die einzelnen Teammitglieder besser miteinander
harmonieren. Das hat sich direkt auf die Teamproduktivität niedergeschlagen.
Ich fühle mich jetzt viel sicherer, trete souveräner und überzeugender auf, wenn ich vor Kunden rede, präsentiere oder verkaufe.
Als Chef bin ich nun mal der oberste Verkäufer meines Betriebs. Also muss ich auch verkaufen können.
Meine Mitarbeitergespräche sind kürzer und strukturierter geworden. Ich kann es jetzt meinen Mitarbeitern zum Beispiel besser
klarmachen, dass nicht jeder Euro, der hereinkommt, auch Reinertrag ist.
Wir haben zum ersten Mal so etwas wie Verkaufsstrategien aufgestellt. Seither akquirieren wir nicht mehr einfach so
drauflos.
Meine Eigenorganisation und mein Zeitmanagement sind besser geworden. Ich fühle mich deutlich entlastet und erreiche gleichzeitig
mehr.
Unsere Darstellung in der Öffentlichkeit hat sich optimiert.
Die fetten Jahre des Handwerks sind schon lange vorüber. Es wird Zeit, dass wir endlich lernen: Wer nur sein Handwerk beherrscht,
beherrscht auch das nicht richtig. Wer dagegen seine Handwerkskunst auch verkaufen, organisieren, controllen, präsentieren und managen kann, vor dem wird das Handwerk auch künftig seinen goldenen
Boden ausbreiten.